OLG Braunschweig: Zur Wirksamkeit eines „Notizzetteltestaments“

Das Oberlandesgericht hat in seinem Beschluss vom 20.3.2019 entschieden, dass auch ein Testament auf einem kleinen Notizzettel wirksam sein kann. Da dieses Schriftstück nicht den gewöhnlichen Formalien eines Testaments entspricht, muss der Testierwille des Erblassers zweifelsfrei erkennbar sein. Bei Restzweifeln findet die Vorschrift des §2084 BGB keine Anwendung.

Die verwitwete und kinderlose Ehefrau hat mit ihrem Ehemann, vor dessen Tod, ein gemeinschaftliches Testament errichtet, in welchem sich beide zu Alleinerben bestimmen. Der Schlusserbfall wurde jedoch nicht geregelt. Zwei Testamentsentwürfe wurden nach dem Tod des Ehemanns gestaltet, die beabsichtigte notarielle Beurkundung ist nicht erfolgt. Auf einem Notizzettel hat die Witwe festgelegt, dass derjenige, der auf sie „aufpasst und sie nicht ins Heim steckt“, ihr Haus und ihren ganzen Besitz erhalte. Die Vorsorgevollmacht wurde einer familienfremden Person erteilt. Diese beantragte nach dem Tod der Erblasserin einen Alleinerbschein, welcher vom Nachlassgericht aufgrund der Annahme einer gesetzlichen Erbfolge zurückgewiesen wurde.

Begründet wurde die Entscheidung damit, dass der Inhalt des Notizzettels gegen das Drittbestimmungsverbot nach §2065 II BGB verstößt. Danach muss der Erblasser den Inhalt der wesentlichen Teile seiner letztwilligen Verfügung sicher festlegen, wozu insbesondere eine Bestimmung des Bedachten zählt. Sofern diese Person durch Auslegung der letztwilligen Verfügung zuverlässig ermittelt werden kann, genüge dies für die Anwendung des §2065 II BGB. Bei unklarer testamentarischer Anordnung findet eine Auslegung des Willens des Erblassers gemäß §2084 BGB statt. Die Verfügung ist nichtig, wenn bereits der Wortlaut der Auslegung so unklar, sodass die Auslegung ereignislos bleibt.

Im vorliegenden Fall kann bereits vom Begriff des „Aufpassens“ neben der Aufgabe des aufmerksamen Beobachtens außerdem ein Sich-Kümmern oder die Durchführung körperlicher Pflege umfasst sein. Zudem könnten mehrere Personen mit unterschiedlich hohem Anteil des „Aufpassens“ bedacht sein. Durch die erteilte Vorsorgevollmacht an die familienfremde Person kann zudem nicht hinreichend sichergestellt werden, dass keine Heimunterbringung erfolgt. Aufgrund der Ergebnislosigkeit der Auslegung ist die Verfügung nichtig.